Was würden wohl die Wälder zur aktuellen Debatte um ihre Klimaschutzleistung sagen? Die Bäume stehen sieben Tage die Woche rund um die Uhr bei Wind und Wetter an ihrem Platz und reduzieren klimaschädliches CO2. Und worüber wird drumherum diskutiert? Seit der Veröffentlichung der Bundeswaldinventur-Ergebnisse gibt es eine in Teilen surreal anmutende Debatte, die den Wald zum Klimaproblem deklariert. Gut, dass der Wald das alles nicht mitbekommt. Und dass er seine Arbeit nicht einfach beleidigt einstellt.
Der wichtigste Klimaschützer als Risiko für unser Klima? Bezug nimmt die Debatte auf die von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) zur Veröffentlichung der Bundeswaldinventur-Ergebnisse verbreiteten Botschaft, wonach aus der Kohlenstoffsenke Wald eine Kohlenstoffquelle geworden sein soll. Haben die Bäume also doch ihre Arbeit eingestellt und kompensieren bzw. binden sie kein CO2 mehr? Falsch! Der Wald ist und bleibt der wichtigste Partner im Kampf gegen den Klimawandel. Denn die Bäume binden auch weiterhin das Kohlendioxid aus der Luft, zerlegen das klimaschädliche Gas in Sauerstoff und Kohlenstoff und nutzen letzteren für ihr Wachstum. So wird der Kohlenstoff im Holz der Bäume gespeichert. Das war, ist und bleibt auch nach der Bundeswaldinventur so.
Fakt ist, dass der Wald in den vergangenen Jahren unter dem Klimawandel gelitten hat und immer noch leidet. Trockenphasen, Stürme, Schädlinge haben dem Wald zugesetzt – vor allem den Fichtenbeständen. In der Logik der Inventurberechnung wirkt sich der Vorratsrückgangbei der Fichte negativ auf die CO2-Bilanz der Wälder aus. Vereinfacht gesagt: Was den Wald verlässt, also das Holz, wird ihm kaum noch zugerechnet.
Das liegt an den internationalen Spielregeln bei der Klimabilanzierung. Man will im Rahmen der UN-Klimapolitik verhindern, dass Klimaschutzbeiträge des Holzes doppelt gezählt werden, also zum Beispiel im Wald und im Hausbau, wo das Holz verwendet wird. Diese Spielregeln dürfen nicht dazu führen, dass die Holznutzung bei der Betrachtung der Klimaschutzfunktion des Waldes ausgeblendet wird. Genau das passiert aber momentan an vielen Stellen in der Diskussion um die Bundeswaldinventur. Es gilt vielmehr, den Blick zu öffnen für das Zusammenspiel von Holznutzung und Waldpflege, damit der Wald sein Klimaschutzpotenzial nicht nur nutzen kann, sondern wir uns dessen auch voll bewusst sind.
Denn was die Bundeswaldinventur vor allem zeigt: Der Wald braucht im Rahmen nachhaltiger Bewirtschaftung Erneuerung. Und einen Umbau, um auch in Zukunft als Klimaschützer erfolgreich zu sein. Erfolge gibt es auf diesem Weg bereits und finden sich in der Bundeswaldinventur wider, sie werden in der Debatte um Senken und Quellen aber leider überlagert. Auf den Flächen wird durch Wiederaufforstung nicht nur die Basis für die künftigen Klimaschutzleistungen gelegt, es wächst auch die Vielfalt. Im Ergebnis ist der Anteil der Mischwälder gestiegen. Auch der Anteil von Totholz, welches vielen Arten als Lebensgrundlage dient, hat deutlich zugenommen.
Die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer packen an, gestalten für kommende Generationen. Die Waldverbände sehen die aktuellen Diskussionen deshalb mit Sorge: „Es ist faktisch falsch und unverantwortlich, die Leistungen des Waldes aus politischen oder ideologischen Gründen klein zu reden. Wer den Wald als Teil des Problems beschreibt, verkehrt die Realitäten und tut dem Klimaschutz damit keinen Gefallen. Nachhaltige Bewirtschaftung bleibt das Erfolgsrezept für effektiven Klimaschutz“, sagt Max von Elverfeldt, Bundesvorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst. Professor Andreas Bitter, Präsident der AGDW – Die Waldeigentümer fasst es so zusammen: „Wir arbeiten erfolgreich am Wald der Zukunft.“
Bleibt die Frage, was der Wald wohl zur aktuellen Diskussion um seine Klimaleistungen sagen würde? Nichts. Er macht weiter seine Arbeit als wichtigster Klimaschützer. So gut er kann und so gut wir ihn dabei unterstützen. Wie wir ihm helfen können? Ihn und alle, die mit und in ihm arbeiten, einfach machen lassen. Ohne noch mehr Bürokratie, ohne zusätzliche Paragraphen. Und ohne praxisferne Debatten.