Der Wald ist unverzichtbar im Kampf gegen die Klimakrise. Seine Fähigkeit, CO2 zu speichern, trägt maßgeblich zur Klimastabilität bei. Doch aufgrund der weitreichenden Auswirkungen klimatischer Veränderungen hat der Wald in den zurückliegenden Jahren auch massiv gelitten. Trockenphasen, Brände, Stürme und Schädlingsbefall haben in der Folge zu Verlusten und Schäden geführt. Eine aktuelle Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik (WBW) empfiehlt angesichts dieser Entwicklungen und mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Bundeswaldinventur, die im Klimaschutzgesetz (KSG) festgelegten Ziele zur Speicherleistung des Waldes dringend zu überarbeiten und an die Realität anzupassen.
Mit ihrer Empfehlung entsprechen die Wissenschaftler der Position der Forstverbände. Das KSG legt fest, dass der LULUCF-Sektor (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft), der vor allem durch die Kohlenstoff-Speicherung des Waldes geprägt ist, bis 2030 eine Senkenleistung von 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten, bis 2045 sogar 40 Millionen Tonnen erreichen soll. Die Regierungsberater kritisieren, dass ein derart statisches Gesetz „wenig geeignet [ist], um eine dynamische Natur und Gesellschaft zielgerichtet zu steuern.“ In Anbetracht der Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, warnt der WBW die Klimaschutzleistungen des Waldes nicht zu überschätzen.
Bei einem weiteren Festhalten an diesen Zielen drohen schwerwiegende Konsequenzen – sowohl für den Wald selbst als auch für die Forstwirtschaft. Um die gesetzlich fixierten CO2-Ziele zu erreichen, wäre theoretisch eine drastische Reduzierung der Holznutzung notwendig. Laut Stellungnahme des WBW müsste die Holznutzung auf 40 Prozent der Waldfläche bis 2040 eingestellt werden. Überhöhte Holzvorräte führen jedoch dazu, dass die Wälder „vielfach dunkler, strukturärmer, instabiler und weniger resilient werden“, warnt Prof. Andreas Bitter, Präsident der AGDW – Die Waldeigentümer. Mit Blick auf die Bedeutung des Clusters Forst und Holz – mit seinen mehr als einer Million Beschäftigten – ergänzt Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst: „Rein rechnerische Vorgaben, die nur durch Zwangsmaßnahmen oder überhöhte Holzvorräte erreicht werden können, gefährden (…) die Zukunft der Forst- und Holzwirtschaft.“
Es besteht deshalb dringender Reformbedarf, um die deutlich zu hoch angesetzten CO2-Senkenziele und angestrebten Holzvorräte an die Realität anzupassen. Dies erfordert eine umfassendere Betrachtung der Klimaschutzleistungen des Waldes im KSG. Aktuell erfasst dieses nur die Kohlenstoff-Speicherung sowie die Verwendung von Holzprodukten im Inland. Die Substitution von fossilen Rohstoffen durch den nachwachsenden Rohstoff Holz bleibt ebenso wie der Export von klimaschonenden Holzerzeugnissen außen vor.
Die Parteien sind vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl gefordert, diese Reformen schnellstmöglich anzugehen, um „drohenden Verwerfungen in der Forstwirtschaft zuvorzukommen“, warnt Bitter. Denn nur mit einer realistischen und lösungsorientierten Politik können wir unseren wichtigsten Klimaschützer langfristig sichern.